[bits] Legal, illegal, Polizei

Hallo,

unsere Recherchen zu Polizeilisten von möglichen Corona-Infizierten und ihren Kontaktpersonen hat für politische Konsequenzen gesorgt. Wir hatten unter anderem rausgefunden, dass die Bremer Gesundheitsbehörde die Daten an die Polizei übermittelt hat. Nach unserer Berichterstattung wurde von der Gesundheitssenatorin ein Fehler eingeräumt und die Löschung der Daten veranlasst. Die Maßnahme sei unverhältnismäßig und verstoße gegen den Datenschutz.

Die niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte hat Gesundheitsämtern in ihrem Bundesland verboten, Listen Corona-Infizierter an die Polizei zu übermitteln. netzpolitik.org wirkt.

Neues bei netzpolitik.org

Stefan Brink ist der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte. Zusammen mit seiner Mitarbeiterin Clarissa Henning schreibt er in einem Gastbeitrag über das netzpolitische Top-Thema der Woche: Warum freiwilliges Handy-Tracking nicht funktioniert. Da es Verwunderung gab, warum wir unterschiedliche Meinungen zum Thema veröffentlichen: Wir sehen netzpolitik.org auch als Ort der netzpolitischen Debatte. Und gerade beim Thema Handy-Tracking ist es vollkommen unklar, ob und wie viel das was bringt. Daher haben wir diese Woche dazu auch unterschiedliche Meinungen veröffentlicht, um das abzubilden.

Wissenswertes zum Coronavirus

Flatten the curve – Videos gibt es schon wie Sand am Meer. Mai Thi Nguyen-Kim zeigt in ihrem funk-Kanal maiLab mit Hilfe von Statistik, was das mittel- und langfristig bedeutet. Ihre These ist: Bevor es nicht flächendeckend einen Impfstoff gibt, kann man in diesem Jahr alles an Veranstaltungen vergessen. Weil sofort wieder die Infektionszahlen in die Höhe gehen würden. Pessimistisch gesehen ist das ein realistischeres Szenario als der 19. April, den die deutsche Politik als mögliches Ende der Ausgangsbeschränkungen im Moment kommuniziert – und was sich sicherlich nicht halten lässt.

Reporter ohne Grenzen hat sich durch diverse Corona-Notverordnungen von Bund, Ländern und Kommunen gelesen und auf Auswirkungen auf die Pressefreiheit analysiert.

Neues journalistisches Format in der Coronakrise, das sicher noch häufiger auftauchen wird: Wo kommen die benötigen Masken her und wie genau? Der Tagesspiegel hat zwei Startupler portraitiert, die ihr Geschäft auf den Import von Schutzmasken geändert haben. Und anhand der Geschichte kann man den aktuellen Irrsinn sehen, wie Staaten und Unternehmen weltweit um das knappe Gut zertifizierte Masken konkurrieren, weil man früher verpeilt hat, das zu tun. Das thematisiert auch der Spiegel in einer Recherche: Deshalb hat Deutschland ein Maskenproblem.

Die indische Regierung nutzt ebenfalls die Coronakrise, um weiter die Pressefreiheit im Land abzubauen und mehr Informationskontrolle zu bekommen: Under Modi, India’s press ist not so free anymore.

Keine Überraschung, aber zumindest jetzt nachvollziehbar in den USA mit Daten untersucht: Home-Office hilft im Selbstschutz gegen Covid-19, Home-Office muss man sich aber auch leisten können.

Fragt Ihr Euch auch, woher diese John-Hopkins-Universität in den USA immer höhere Zahlen als das Robert-Koch-Institut hat, das dafür verantwortlich ist? Das Medienmagazin Zapp hat mal den Zahlen hinterher recherchiert und rausgefunden, dass die John-Hopkins-Universität unter anderem Zahlen von der Berliner Morgenpost, Zeit-Online und dem tagesspiegel ermittelt und diese in ihre Modelle zusammenrührt.

Was sonst noch passierte:

Auch wenn gerade kaum über sie geredet wird, die Nazis sind nicht weg. Bei Zeit-Online schreiben Patricia Zhubi und Alexander Reid Ross über rechtsradikale Onlinenetzwerke und die QAnon-Verschwörungsmythen: Knotenpunkte des Irrsinns.

Dazu passt auch, was WDR-Monitor über Verschwörungsmythen rund um die Coronakrise gesammelt hat: Böse Mächte und trojanische Pferde.

Der Spiegel hat den jungen grünen Europaabgeordneten Erik Marquardt portraitiert, der sich für eine andere Flüchtlingspolitik einsetzt und momentan aus Lesbos berichtet: Der Parlamentsaktivist.

Vice hat interne Protokolle von Amazon geleakt bekommen. In den Meetings zu den Protokollen wurden Strategien besprochen, wie man schmutzige PR-Kampagnen gegen streikende Mitarbeiter:innen durchführen kann: Leaked Amazon Memo Details Plan to Smear Fired Warehouse Organizer: ‘He’s Not Smart or Articulate’.

Das kanadische Citizen Lab hat sich die IT-Sicherheit von Zoom mal genauer angeschaut und einen Report aus sicherheitspolitischer Sicht geschrieben: Move Fast & Roll Your Own Crypto. Kurzfassung: Sieht nicht gut aus, das sollte aber mittlerweile auch bekannt sein.

Audio des Tages: Unorthodox

Unorthodox ist eine sehenswerte vierteilige Kurz-Serie auf Netflix über eine junge Frau, die aus ihrer jüdischen Sekte in New York ausreißt und nach Berlin flieht. Die Serie basiert auf dem autobiographischen Buch von Deborah Feldman. Der „Glotz und Gloria“ -Serien-Pocdast von WDR-Cosmo hat mit Deborah und mit Alexa Karolinski, einer der Serienmacherinnen, darüber gesprochen, wie sie die dramatisierte Version der Story erschaffen haben.

Video des Tages: Daniel Ellsberg

Die Arte-Mediathek hat die 90 Minuten lange Dokumentation „Der gefährlichste Mann Amerikas“ über den ehemaligen Pentagon-Mitarbeiter Daniel Ellsberg, der im Vietnam-Krieg der New York Times die Pentagon-Papiere zuspielte. Und neben Edward Snowden der berühmteste Whisteblower der Welt ist.

Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@np. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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