Hallo,
die Bundesregierung hat heute verkündet, dass jetzt die Deutsche Telekom und SAP zusammen die Corona-Tracing-App entwickeln sollen. Die Fraunhofer-Gesellschaft und das Helmholtz-Zentrum CISPA sollen bei der Entwicklung beratend zur Seite stehen. Die App selbst soll aber dann vom Robert-Koch-Institut veröffentlicht werden.
Ich bin gespannt, ob der zweite Versuch besser funktioniert als das erste mit dem gescheiterten PEPP-PT-Konsortium. In einer Bewertung bin ich zwiegespalten. Einerseits verfügen SAP und Deutsche Telekom über ausreichend fähige Entwickler:innen. Andererseits fällt mir gerade auch kein großes IT-Projekt unter Mitwirkung der Bundesregierung und der üblichen Industrieplayer ein, das erfolgreich zu Ende geführt wurde – und dann auch noch Sinn machte.
Ich lass mich also überraschen, wann was präsentiert wird. Zumindest gibt es mittlerweile so viele offizielle Verlautbarungen der Bundesregierung, dass die App Open-Source, freiwillig und anonym zu nutzen sein muss, so dass dahinter nicht mehr zurückgegangen werden kann.
Wissenswertes zur Coronakrise
Über die aktuellen Corona-App-Entwicklungen habe ich heute morgen auch mit WDR5 gesprochen: Corona-App: Zwischen Datenschutz und Vertrauensverlust.
In einem Gastbeitrag auf netzpolitik.org zeichnen vier Wissenschaftler:innen nochmal die Debatte nach und beschreiben den Unterschied zwischen den bisher diskutierten Modellen: Die Corona-App Ihres Vertrauens.
Die unabhängige Landesdatenschutzbeauftragte für Schleswig-Holstein, Marit Hansen, hat im Blog des Forum Privatheit die Rolle von Google und Apple kommentiert: Contact-Tracing – Google und Apple als Heilsbringer?
Ebenfalls dazu Ulf Buermeyer vom Deutschlandfunk interviewt: „Google und Apple haben Bundesregierung Weg gewiesen“.
Was sonst noch passierte:
Gestern fand im Netz die Verleihung des Deutschen Comuterspielepreises statt. Das ist einmal im Jahr für die CSU die große Möglichkeit, sich irgendwie als total netzkompetent und innovativ darstellen zu können, weil sie zufällig an den Geldtöpfen hängen, die den Preis mitfinanzieren. Das geht dann zu Lasten der Medienkompetenz, worunter der Preis im Haushalt verbucht wird, aber das ist eine andere Geschichte. Der Nebeneffekt ist dabei immer, dass wir weitere lustige und mitunter peinliche Politiker:innen-Bilder für unsere Sammlung erhalten. Das war gestern nicht so, auch wenn im Live-Stream gleich drei CSU-Politiker:innen zu sehen waren.
Dafür wurde es, vielleicht wegen des Live-Streams, dieses Jahr geschafft, die Moderation weitgehend ohne billige Nerd-Klischees über die Bühne zu bekommen. Und das trotz einer Moderation von Barbara Schöneberger. Das ist auch mal eine Leistung, im Vergleich zu früheren Ausgaben. Wahrscheinlich hatten die Veranstalter das extra groß ins Briefing geschrieben und diesmal vertraglich geregelt. Die Preisverleihung kann nachgeschaut werden, die Politiker:innen-Ansprachen kann man vorspulen und sonst bekommt man einen guten Überblick, welche Spiele man auch noch gerne spielen würde, wenn man denn irgendwann endlich mal Zeit dafür hätte. Ich sehne mich früheren Zeiten zurück, wo ich die Zeit dafür fand.
Job-Angebot des Tages: Kommunikation für EDRi in Brüssel
European Digital Rights ist ein Zusammenschluss der meisten digitalen Menschenrechtsorganisationen in der Europäischen Union. Mit einem Büro in Brüssel bildet EDRi auch einen Brückenkopf für Organisationen wie dem Chaos Computer Club zur EU-Politik. Für die Kommunikation sucht EDRi jetzt eine neue/n Mitarbeiter/in. Eine spannende Stelle an einem sehr spannenden Ort.
Audio des Tages: digitale Neo-Biedermeier
In einer Radio-Reporte auf bayern2 geht der Journalist Christian Schiffer der Frage nach, ob die Coronakrise der Digitalisierung Beine macht und ob wir in eine “ Ära des technologiegetriebenen Neo-Biedermeiers“ landen werden: Corona, mein Computer und Ich: Wie ein Virus der Digitalisierung Beine macht.
Video des Tages: Alexander Kluge zur Coronakrise
Der Dokumentarfilmer Stephan Lamby interviewt für eine Reihe auf dbate.de Menschen während der Coronakrise. Ich war vor zwei Wochen zu Gast in seiner Sendung und in der neuesten Ausgabe hat er mit Alexander Kluge gesprochen. Ich hatte einmal das Glück, eine halbe Nacht mit Alexander Kluge durchdiskutieren zu können und bin immer beeindruckt von seinen Gedankengängen und Erzählungen.
Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl
Ich freu mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@np. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.
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