[bits] Bitte schön nach oben lächeln

Hallo,

vor einer Woche hatte ich über Drohnenüberwachung zur Durchsetzung von Ausgangssperren am Beispiel einer britischen lokalen Polizeibehörde berichtet. Mittlerweile gibt es Medienberichte, wonach auch bei uns Drohnen zum gleichen Zweck eingesetzt werden. Bisher sind Einsätze in Bayern, Hessen und NRW bekannt. Die in NRW eingesetzten Drohnen sollen mit Lautsprechern ausgestattet sein. In Hessen wurde der Einsatz nach juristischen Zweifeln wieder eingestellt. Darüber berichtet Matthias Monroy: Landespolizeien setzen Drohnen ein. Wer in nächster Zeit in der Sonne sitzt, bitte beachten: Schön nach oben lächeln.

Wissenswertes zum Coronavirus

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat ein Update ihrer gesundheitspolitischen Empfehlungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie veröffentlicht. Darin schlagen renommierte Virologen verschiedene Maßnahmen vor, wie wir zu einer schrittweisen Normalisierung des Öffentlichen Lebens zurückkommen können. Dazu gehören ein „Mund-Nasen-Schutz“ durch das Tragen von Masken, die „kurzfristige Verwendung mobiler Daten“, anonym und freiwillig, unter Einhaltung „von Datenschutz sowie Persönlichkeitsrechten“, sowie mehr „Testkapazitäten“.

Apropos Handy-Tracking: In der Community derjenigen, die an einer datenschutzfreundlichen Corona-Tracking-App für Europa arbeiten, schint es etwas Uneinigkeit zu geben. Nachdem ein Team vergangene Woche eine Tracking-Technologie basierend auf Bluetooth vorgestellt hat, die Menschen benachrichtigen soll, wenn sie Kontakt mit Infizierten hatten, kommt jetzt von anderen Forscher:innen ein Update oder ein alternativer Vorschlag – was von beidem, ist derzeit etwas undurchsichtig. Sie sorgen sich darum, was einzelne Staaten mit Daten auf einem zentralen Server anstellen könnten und plädieren daher für eine dezentralisierte Variante des Infektions-Trackings. In Deutschland, wo eine solche App vom Robert-Koch-Institut herausgegeben werden soll, wäre dieses Problem weniger drängend als in, sagen wir, Ungarn. Aber auch hierzulande haben wir jetzt einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie schnell einige Politiker:innen als sicher geglaubte Grundrechte einkassiert wollen, sobald es um den Infektionsschutz geht.

Der Chaos Computer Club hat heute „10 Prüfsteine für die Beurteilung von „Contact Tracing“-Apps“ veröffentlicht. Ich bin gespannt, ob die kommende „deutsche“ App das alles berücksichtigt.

Die Masken-Debatte hält an. Im US-Magazin The Atlantic gibt es einen umfangreichen und abwägenden Beitrag zur globalen Debatte: Everyone Thinks They’re Right About Masks.

Das ARD-Wissenschaftsmagazin Quarks hat auf Youtube einen kurzen Film mit Experimenten, die visualisieren, warum Masken andere Menschen vor Tröpfcheninfektionen schützen können.

Der xHain Hack- & Makespace stellt „Behelfsmasken & Gesichtsschilde für medizinisches Personal und Personen aus Risikogruppen in Berlin“ her. Dazu wurden detaillierte Anleitungen und ein Video zum Nähen von Masken veröffentlicht. Wenn Du mithelfen möchtest, findest Du alle Infos auf masken.berlin.

Warum kommen welche wissenschaftlichen Experten in Medien vor und wie laufen gewöhnlich die Auswahlprozesse? Darüber hat radioeins mit dem Wissenschaftsjournalisten Volker Stollorz gesprochen, der Einblicke in die Arbeitsweise von Redaktionen gibt.

Das ZDF zeigt in einer Netz-Reportage, wie die aktuelle Situation an unseren Außengrenzen ist. Dort kommt es durch die neuen Ausgangsbeschränkungen und Grenzkontrollen zu längeren Wartezeiten.

Der Virologe Hendrik Streeck untersucht gerade im Kreis Heinsberg nach Ausbreitungswege des Coronavirus. Er geht davon derzeit davon aus, dass Übertragungen weniger auf Oberflächen und im Supermarkt, aber mehr im direkten Kontakt stattfinden: „Einzelne Übertragungen im Supermarkt sind nicht das Problem“.

In der Berliner Verwaltung würden gerne mehr Mitarbeiter:innen im Homeoffice arbeiten können. Das geht aber nur bei einem kleinen Teil. Es gibt zu wenig sichere VPN-Zugänge, um auf die zentralen Verwaltungsinfrastrukturen zugreifen zu können. Das klappt nur für 4000 der rund 100.000 Mitarbeiter:innen parallel.

Philip Banse hat für seinen Medienradio-Podcast mit dem Soziologen Andreas Reckwitz darüber geredet, was das Coronavirus mit uns als Gesellschaft macht.

Der Faktenfinder von tagesschau.de hat in einer Chronologie zusammengetragen, wann und wie sich Gesundheitsminister Jens Spahn in den vergangenen Monaten zur kommenden Pandemie geäußert hat. Lange Zeit war die Kommunikationslinie, dass man alles beobachte und unter Kontrolle hätte. Trotzdem hat man den Februar weitgehend verschlafen, was sich auch in der Maskenfrage zeigt. Das könnte auch mit der Thüringen-Wahl Anfang Februar zu tun haben, der die Bundespolitik durchwirbelte und Jens Spahn sich nach der Kündigung von Annegret Kamp-Karrenbauer um seinen politischen Aufstieg in der CDU kümmern musste.

In Berlin ersetzt „Albas tägliche Sportstunde“ für viele Kinder und wenige Eltern den Sportunterricht. Jeden Werktag gibt es vom Basketballverein ALBA Berlin zwei neue Folgen mit Übungen zum Nachmachen im Kinderzimmer und dazwischen etwas Bildungsunterricht. Bei Meedia gibt es ein Interview mit dem Kommunikationsmanager von ALBA darüber, wie man sich innerhalb von kurzer Zeit zu einer kleinen TV-Produktionsfirma entwickelt hat.

John Oliver hat Ende vergangener Woche in einem weiteren Corona-Special seiner LastWeekTonight-Show gezeigt, wie die Stimmung in den USA ist.

Die Ausbreitung des Coronavirus wurde durch den chinesischen Mediziner Li Wenliang bekannt der dadurch als Whistleblower mit den dortigen Behörden Probleme bekam. Eine Koalition aus rund 50 Transparenz- und Kommunikationsfreiheitsorganisationen fordert jetzt einen besseren Schutz von Menschen, die auf gesellschaftliche Missstände hinweisen.

Der sprunghafte Anstieg der Corona-bedingten Arbeitslosigkeit droht in New Jersey die Computersysteme lahmzulegen, welche für die Verwaltung der Ansprüche notwendig sind. Eines der Probleme dabei: Sie laufen auf der archaischen Programmiersprache COBOL, für die es an kompetenten Programmierer:innen mangelt. Der US-Bundesstaat sucht nun händeringend nach IT-Expert:innen, die dem seit 40 Jahren eingesetzten System unter die Arme greifen können.

Was sonst noch passierte:

Der Ulmer Waffenhersteller Walther macht seit Jahren Sponsoring für einen rechten US-Influencer und finanziert dessen Arbeit als Hassprediger mit.

Die Taz recherchiert seit langem rechten Netzwerken in Deutschland hinterher. Bei der rechten Prepper-Gruppe Nordkreuz gibt es jetzt ein Update. Bei einem Verdächtigen wurden 55.000 Schuss Munition gefunden. Davon soll ein wesentlicher Teil aus Polizei- und Bundeswehrbeständen stammen: Die Spur nach Güstrow.

Bei der Österreichischen Nationalbibliothek analysiert ein Teams des Projekts „Travelogues“ derzeit deutschsprachige Reiseberichte von 1500 bis 1876. So sollen beispielsweise Repräsentationen des „Fremden“ erkannt werden. Ein Auszug aus dem Jahr 1810: „Berge und Thäler fliegen vorüber, immer neue Ansichten steigen aus dem Schooss des Meeres, und das ahnungsvolle Blau der Ferne durchzittern weiße Segel, gleich Geistern künftiger Genüsse.“

Audio des Tages: Pornos in der Wissenschaft

Die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Madita Oeming forscht zum Thema Pornografie. Deutschlandfunk Nova hat mit ihr eine Stunde lang darüber gesprochen, warum eine der Medienformen mit der meisten Verbreitung bisher eher wenig erforscht wurde.

Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@np. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

Diesen Newsletter kann man hier abonnieren.

Im Anfangsstadium gibt es hier keine zusätzliche Redaktion und Qualitätskontrolle. Rechtschreibfehler werden zwar vermieden, können aber auftreten und müssen in diesem Fall leider auch behalten werden. Dieser Newsletter wird auch von vielen Spenden im Rahmen der freiwilligen Leser:innenfinanzierung von netzpolitik.org ermöglicht. Mit Deiner Unterstützung können wir noch viel mehr machen.