[bits] Einfach mal Strafanzeige stellen

Hallo,

vor wenigen Tagen hatte Daniel Laufer darüber berichtet, dass in Niedersachsen Daten von Corona-Infizierten an die Polizei weitergegeben werden. Es gibt dort unterschiedliche Rechtsauffassungen von Landesregierung und der Landesdatenschutzbeauftragten. Trotz der Kritik soll die Praxis soll weitergeführt werden, wie wir rausgefunden haben: Niedersachsen schickt weiter Coronalisten an die Polizei.

Hier geht es um sehr sensible Daten. Die Weitergabe der Daten verstösst gegen die ärztliche Schweigepflicht. Betroffene Corona-Infizierte aus Niedersachsen sollten jetzt Strafanzeige gegen das Sozialministerium stellen, um das schnell von einem Gericht klären zu lassen.

Die Sicherheitslücken bei Zoom sind in diesem Newsletter immer wieder thematisiert worden. Erst gestern hat das Auswärtige Amt in einem Rundschreiben den eigenen Mitarbeitenden verboten, die Video-Konferenzsoftware auf Dienstgeräten zu installieren. Die vertrauliche Sitzung der Eurogruppe fand aber immer noch mit Hilfe von Zoom statt, wie Alexander Fanta dokumentiert. Das ist nicht nur aus Gründen der Vertraulichkeit und IT-Sicherheit ein No-Go, es ist zudem auch peinlich: Die Europäische Union hat es offensichtlich nicht für nötig gehalten, eigene sichere und vertrauenswürdige Videokonferenz-Infrastrukturen aufzubauen. Aber aus dem Fehler kann man auch lernen, indem man jetzt massiv in die Förderung von offenen, datenschutzfreundlichen und sicheren Alternativen investiert.

Wissenswertes zur Coronakrise

Florian Güßgen hat mich für den Stern.de/RTL-Podcast „Wir und Corona“ über die geplante Corona-App interviewt: „Eine Wette darauf, dass damit alles besser wird“. Dre Podcast ist eine gekürzte Version eines längeren Gespräches, einige Argumente sind dabei im Schnitt leider rausgefallen.

Die EU-Abgeordnete Alexandra Geese (Grüne) hat in einem Webinar zum Thema “Tracing Apps im Kampf gegen Corona – Potentiale und Gefahren” mit Ulf Buermeyer, Laura Sophie Dornheim und Linus Neumann gesprochen. Davon gibt es einen Videomitschnitt.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte beobachtet jetzt in dem Monitoring-Projekt „Corona-Virus und Civic Space in Deutschland“ die aktuellen Beschränkungen zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume und bewertet diese aus verfassungsrechtlicher Sicht. Das Projekt wird von Greenpeace Deutschland finanziert und will in Analysen die Grundrechtseinschränkungen aus Sicht der Zivilgesellschaft dokumentieren und bewerten.

Algorithmwatch stellt Anforderungen an und beschreibt Wege für den Einsatz von „künstlicher Intelligenz“ zur Bekämpfung der Coronakrise: Automatisierte Entscheidungssysteme und der Kampf gegen COVID-19.

Der Guardian bewertet die Rolle von Jared Kushner, der in seiner Kernqualifikation als Schwiegersohn in den USA eine entscheidende Rolle zur Bekämpfung der Coronakrise einnimmt: Why Jared Kushner could be the most dangerous man in the US.

Donald Trump versucht derzeit, seine Verantwortung für die Pandemie in den USA anderen in die Schuhe zu schieben, die ihn nicht informiert hätten. Ein US-Geheimdienstbericht warnte aber schon im November vor dem Virus, Trump war spätestens im Januar informiert.

Eine afrikanische Perspektive auf Corona liefert Felwine Sarr aus dem Senegal in der Süddeutschen Zeitung: „Wir sprechen uns nach der Krise!“

Was sonst noch passierte:

Der Dachverband von digitalen Menschenrechtsorganisationen in Brüssel, European Digital Rights (EDRi), hat trotz Coronakrise und nahendem Osterfest eine detaillierte Liste mit Forderungen für die Regulierung von Online-Plattformen vorgelegt. Die EU-Kommission will nämlich schon diesen Herbst ein großangelegtes Maßnahmenpaket vorlegen, um die Online-Welt freier und fairer zu machen. Bekannt ist das in Brüssel als Digital Services Act Package. EDRi fordert in dem Positionspapier etwa, ein neues Gesetz müsse verpflichtende Interoperabilität für Online-Dienste vorschreiben, um die Monopole von WhatsApp und Co. aufzubrechen. Die Stellungnahme ist auch für Nicht-EU-Insider lesenswert.

In den USA hat jetzt der demokratische Senator Bernie Sanders seine Präsidentschaftskandidatur aufgegeben und den Weg für Joe Biden freigemacht. Zeit-Online analysiert in einem Portrait, was von seinem Wahlkampf bleiben wird: Kämpfer für den Gemeinsinn.

Stefan Fries geht im Deutschlandfunk der Fragen ach, was „Die Kunst des guten Interviews“ ausmacht. Das bietet gute Einblicke in den politischen Journalismus.

Audio des Tages: Operation Finanzwende

SWR2 hat ein längeres Radio-Feature über die Bürgerbewegung Finanzwende gemacht, die von dem ehemaligen grünen undestagabgeordneten Gerhard Schick gegründet wurde. Finanzwende möchte der Finanzlobby eine starke zivilgesellschaftliche Stimme entgegen stellen: Operation Finanzwende – Bürgerbewegung trotzt Banken und Politik.

Video des Tages: Lovely Day

Diese Woche ist der US-Sänger Bill Withers mit 81 Jahren verstorben. Ich hab seitdem häufig seinen Song „Lovely Day“ im Kopf. Das geht vielen wahrscheinlich ähnlich, das Rundfunk Tanzorchester Ehrenfeld hat jetzt den Song aus ihren vielen Homeoffices in einer eigenen Version aufgenommen und als Videoclip veröffentlicht.

Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@np.

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