[bits] IT-Sicherheitsgesetz – Alle reden über Huawei, wir übers BSI

Hallo,

es gibt einen dritten Versuch in Form eines neuen Referentenentwurfs, das IT-Sicherheitsgesetz zu reformieren. Das ist lange überfällig, aber die Diskussion über das Gesetz wurde in den vergangenen Monaten durch die Huawei-Debatte beim 5G-Ausbau überlagert. Die Frage ist auch immer noch einer der Knackpunkte des aktuellen Referentenentwurfs, auch wenn viele sinnvolle Initiativen mehr Verbraucherrechte und Informationspflichten bringen können.

Dabei kommt aber ein weiterer Aspekt zu kurz: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) soll eine Lizenz zum Hacken bekommen. Eine der Schwierigkeiten dabei ist, dass das BSI nicht unabhängig ist, weiterhin dem Bundesinnenministerium untergeordnet und Teil des Systems der Sicherheitsbehörden ist.

Das BSI soll als Hackerbehörde pro-aktive Befugnisse bekommen, um öffentlich zugängliche Internetdienste und Geräte zu hacken – um Sicherheitslücken aufzudecken. Das kann durch die fehlende Unabhängigkeit zu Problemen führen, wie wir bei dem letzten Referentenentwurf schon kommentierten.

Aktuell ist unklar, ob es einen Konsens in der Bundesregierung für diesen dritten Entwurf gibt – oder ob wir demnächst eine weitere neue Version sehen werden.

Serafin Dinges fasst die ersten Reaktionen auf den aktuellen Entwurf zusammen: Aller guten Dinge sind drei.

Seit fast zwei Jahren arbeitet das Innenministerium an einer Erweiterung des IT-Sicherheitsgesetzes. Die Fertigstellung war für das zweite Quartal 2019 angekündigt, stattdessen liegt nun der mittlerweile dritte Entwurf vor. Ein kurzer Überblick über die neuen Änderungen.

Kurze Pausenmusik:

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Neues auf netzpolitik.org

Leonard Kamps hat die Bundestagsdebatte zur Personenkennziffer zusammengefasst: „Die verfassungsrechtliche Kritik ist insgesamt vernichtend“.

Die Bundesregierung will digitale Behördengänge vereinfachen. In vielen staatlichen Datenbanken soll deshalb die Steuer-ID zur Kennziffer werden. Doch es gibt Streit um diese Umsetzung, die Opposition sieht das Projekt bereits daran scheitern. Wir fassen die ersten Lesung des Registermodernisierungsgesetzes im Bundestag zusammen.

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Andre Meister fasst ein neues Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zusammen: Die deutsche Vorratsdatenspeicherung bleibt mausetot.

Das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wird vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben. Das prognostizieren die Wissenschaftliche Dienste des Bundestags in einem Gutachten, das wir veröffentlichen. Die anlasslose Datenspeicherung bleibt grundrechtswidrig und unnötig.

Was sonst noch passierte:

Das Bundesjustizministerium unternimmt einen erneuten Anlauf, um gegen Handelsplattformen vorgehen zu können, „deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern“, wie Spiegel-Online aus dem Gesetzesentwurf zitiert. Dazu soll der neue Straftatbestand § 127 „Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet“ geschaffen werden. Über Risiken und Nebenwirkungen können wir erst schreiben, sobald wir den Gesetzesentwurf mal gelesen haben: Neues Gesetz soll Kampf gegen Darknet-Handel erleichtern.

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Seit 15 Jahren betreibt Tim Pritlove ein kleines Podcast-Universum in seiner Metaebene. Es fing mit dem „CRE – Chaosradio Express“ als längerer Interview-Podcast an und mittlerweile finden sich mehrere kleine (und manchmal größere) und feine Podcasts wie „UKW – Unsere kleine Welle„, „Forschergeist“ oder das „Logbuch Netzpolitik“ in seinem Portfolio. Alle gemeinsam haben eine Gesprächsatmosphäre, wo Tim Pritlove mit seinem Fachwissen neugierige Fragen stellt und die Welt (der Technik und darüber hinaus) kommentiert und verstehen will. Aktuell feiert die Metaebene ihren 15. Geburtstag. Happy birthday!

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Am Freitag ist ein niederländischer Journalist in eine Videoschalte der EU-Verteidigungsminister beigetreten. Das war mal wieder ein klassischer Fall: Zu Promozwecken hatte das niederländische Verteidigungsministerium einen Screenshot der Videokonferenz auf Twitter veröffentlicht und dabei konnte man den Großteil des Zugangscodes erkennen. Die fehlende Ziffer des Codes hat die Redaktion von RTL Nieuws dann einfach ausprobiert und was dann drin: Der unbekannte Teilnehmer. Klassischer Fall von Selbst schuld, auch wenn dem Journalisten jetzt ein Hackerangriff vorgeworfen wird und das Eindringen eine Straftat sei.

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In der Zeit gibt es eine lesenswerte Analyse von Volker Weiß über die Strategie der AfD, sich als Teil der Querdenken-Demos zu inszenieren und daraus politisches Kapital zu schlagen: Wenn Rechte für die „Freiheit“ kämpfen.

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Wenn Polizist:innen mit Maschinenpistole rumlaufen, soll das die gefühlte Sicherheit stärken. So wurde bisher gedacht. Die Berliner Polizei hat das in einer Studie untersucht und kommt zum gegensätzlichen Ergebnis: Die gefühlte Sicherheit sinkt, auch weil Menschen den Eindruck bekommen, dass die Lage unsicherer sei. Da bin ich ganz froh, dass sich mein Gefühl in der Vergangenheit nicht getrübt hat: Schwer bewaffnete Polizisten sorgen für Gefühl der Unsicherheit.

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Jörg Schieb hat für Angeklickt in der Aktuellen Stunde im WDR am Freitag nochmal die Debatte um gewünschte Hintertüren in verschlüsselter Kommunikation zusammengefasst und mich dazu als Experte interviewt: EU-Minister wollen „Hintertür“ für Messenger.

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Der New York Times Kolumnist Farhad Manjoo hat sich mal Gedanken gemacht, wer in seiner Corona-Bubble stecken könnte und hat das Ergebnis visualisiert. Da er Teil einer vierköpfigen Familie ist, Kinder in der Schule sind und das eben weiterläuft, kamen da viel mehr Kontakte zusammen, als er am Anfang gedacht hat: I traced my Cideo-10 bubble and it’s enormous. Das ist auch schön dargestellt.

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Spannender Hack: Bastler startet Betriebssystem von einer Schallplatte. 64 KB passen zumindest auf eine Seite. Hier ist das Original-Blogpost: Booting from a vinyl record.

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Die Transparenz-Plattform Frag den Staat hat ein Musikvideo produziert und dafür den Deichkind-Song „Wer sagt denn das?“ in „Wer fragt den Staat?“ abgewandelt. Einzelne Personen in dem Video mögen wie Redakteur:innen von uns aussehen, aber das ist sicher nur zufällig.

Video des Tages: Klimakrise vs. Thadeusz

Die Transformationsforscherin Maja Göpel war zu Gast in der RBB-Talkshow „Talk aus Berlin“ mit Jörg Thadeusz. Dabei hat sie ihm anschaulich erklärt, welche Verantwortung er als SUV-Fahrer hat und was Überkonsum bedeutet. Hier ist ein kleiner Ausschnitt und hier die ganze Sendung.

Netzpolitik-Jobs

Ich bekomme regelmäßig Job-Angebote im netzpolitischen Bereich zugeschickt und dachte mir, dass eine zusätzliche Rubrik ein guter Service sein könnte. Zweimal die Woche werde ich zukünftig auf aktuelle Job-Angebote hinweisen.

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Der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe sucht eine/n Projektreferent*in für das Projekt „Aktiv gegen digitale Gewalt“.

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Algorithmwatch sucht ein/e „Mitarbeiter·in Öffentlichkeitsarbeit und Outreach“ in Berlin.

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Die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg sucht eine/n Referent (m/w/d) Medienregulierung. Das ist eine spannende Stelle, weil diese zukünftig dafür zuständig ist, den kommenden Medienstaatsvertrag umzusetzen, wozu auch Plattformregulierung gehört.

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Das Wissenschaftszentrum Berlin sucht für den Schwerpunktbereich „Digitalisierung und gesellschaftlicher Wandel“ eine/n Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (m/w/d) (Postdoc).

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Die von Max Schrems gegründete Organisation Noyb sucht in Wien eine/n Full Stack Web Developer/in mit einem Fokus auf Legal-Tech.

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Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@netzpolitik.org. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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