[bits] Kein Breitbandausbau unter diesem Antrag

Hallo,

der mangelhafte Breitbandausbau in Deutschland bleibt eine Geschichte ohne Happy-End. Vor Jahrzehnten wurden die falschen Weichenstellungen gesetzt (Danke, Helmut!), danach wurde ein moderner Ausbau verschlafen, weil der Markt doch alles regeln würde. Der Markt regelte ihn tatsächlich, zumindest da, wo es sich lohnte. Dass Deutschland aber nicht nur aus Ballungsräumen besteht, störte das Bild dann doch etwas.

Im europäischen Vergleich steht Deutschland in Sachen Breitbandausbau irgendwo im Mittelfeld. Für die größte europäische Nation mit der stärksten Wirtschaftskraft ist das ein Armutszeugnis. Bei den Glasfaseranschlüssen sieht es noch schlimmer aus.

Seit einigen Jahren verspricht die Bundesregierung große Mengen Fördergelder. Alleine in den vergangenen fünf Jahren wurden rund elf Milliarden Euro bereitgestellt. Einmal im Jahr gibt es neue Zahlen, wie viel davon verteilt und ausgegeben wurden. Mittlerweile sind rund 560 Millionen Euro ausgegeben worden. Immerhin wurden rund sieben der elf Milliarden Euro bewilligt, aber die stecken irgendwo in der Bürokratie fest.

Und so wurde aus dem Marktversagen auch ein Politikversagen. Aber nicht alles ist schlecht, es gibt auch Gewinner. Das sind die wenigen Kommunen, die es erfolgreich durch die Verfahren geschafft haben und in denen es jetzt mehr Breitband gibt. Gewinner sind auch die Beratungsunternehmen, die mit rund 70 Millionen an Honoraren einen Teil der bewilligten rund 560 Millionen Euro kassiert haben, um Kommunen durch den bürokratischen Förderdschungel zu lotsen.

Tomas Rudl ordnet die aktuellen Zahlen der Bundesregierung ein: Immer noch bleiben viele Fördermittel liegen.

Die historischen Hintergründe zeigt anschaulich dieser ARD-Dokumentation: Digitale Verlustzone – Wie Deutschland den Anschluss verlor.

Neues auf netzpolitik.org:

Die Sehnsucht nach einem freien Smartphone ist groß, um aus der Abhängigkeit von Apple und Google zu kommen. Aktuell liegt viel Hoffnung auf dem PinePhone. Constanze Kurz hat dazu ein Interview geführt: Freie Smartphones – Ist das PinePhone alltagstauglich?

In einem Interview gehen wir der Frage nach, ob das freie Mobiltelefon PinePhone für den täglichen Gebrauch eine Alternative für Android- und Apple-Geräte ist. Warten viele Menschen auf ein von den Zwängen der Platzhirsche befreites Smartphone? Wir fragen den passionierten Linux-Nutzer Andreas Paetsch.

Nicht erst seit den Drohbriefen zu NSU 2.0 ist der Datenmissbrauch durch Polizeibeamte in der Diskussion. Ingo Dachwitz hat sich aktuelle Zahlen angeschaut: Keine Einzelfälle.
Deutschland diskutiert über hunderte Fälle missbräuchlicher Datenzugriffe durch Polizist:innen. Doch die Dunkelziffer dürfte noch weit über der bekannten Zahl liegen. Das Problem ist fehlende Kontrolle.

Dazu passt auch dieser Taz-Artikel: Auf der Feindesliste.

Im November wird die erste „Heron TP“ an die Bundeswehr ausgeliefert und auf einem Militärflughafen nahe Tel Aviv stationiert. Matthias Monroy hat Details: Neue Bundeswehrdrohne absolviert Erstflug.

Noch hat der Bundestag nicht über die Bewaffnung der neuen „Heron TP“ entschieden. Trotzdem hat die Bundeswehr bereits ein „Waffensystemunterstützungsteam“ für die Drohne eingerichtet. Die Luftwaffe erarbeitet Lehrpläne für die Auslöser der Raketen, ihre Ausbildung soll im nächsten Jahr beginnen. Trainiert wird auch in den USA.

Die besten Gesetze bringen nichts, wenn sich staatliche Institutionen nicht daran halten: Markus Reuter hat sich einen Fall in San Francisco angeschaut: Polizei überwachte Proteste mit privatem Kameranetzwerk

San Francisco hat sich als eine der ersten Städte der Welt gegen den Ausbau von Videoüberwachung gestellt. Doch die Polizei beschaffte sich Zugang zu privaten Kameras – die ein Krypto-Milliardär finanziert hat.

Was sonst noch passierte:

Welch eine Ironie: Facebook zieht gegen die EU-Kommission wegen Datenschutzbedenken vor den Europäischen Gerichtshof. Darüber berichtet die Financial Times. Hintergrund ist, dass die EU in zwei Wettbewerbsverfahren interne Mails von Facebook-Mitarbeiter:innen haben möchte. Um das einzugrenzen, hat die EU-Kommission eine Liste von verschiedenen Suchwörtern wie „not good for us“ und „big question“ mitgeschickt. Facebook möchte jetzt die Mails nicht rausrücken, weil das die Privatsphäre ihrer Mitarbeiter:innen gefährden würde. Ich bin gespannt wie sich das entwickelt: Facebook takes EU to court for invading privacy.

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Google steht schon länger in der Kritik von EU-Wettbewerbskontrolleuren, weil der Verdacht besteht, dass eigene Dienstleistungen bevorzugt in der Suche behandelt werden. Das US-Magazin TheMarkUp hat jetzt in einer Untersuchung festgestellt, dass da was dran ist: Google’s Top Search Result? Surprise! It’s Google.

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Dem Chef der Berliner Polizeigewerkschaft (DPolG) steht wegen rechtsextremer Verbindungen in der Kritik. Correctiv hat jetzt herausgefunden, dass ein Bildungswerk, in dem er früher Mitglied war, Verbindungen zum NSU-Umfeld hatte.

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Last week tonight mit John Oliver hat diese Woche das Thema Uiguren in China samt Arbeitslager und Menschenrechtsverletzungen.

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Interessante Einsichten in das Russland unter Putin bietet diese Buchbesprechung von „Putins people“ in NewRepublic: The Problem With Putinology. We need a new kind of writing about Russia.

Video des Tages: Drogen schnell online verkaufen

Die Netflix-Serie „How to sell drugs online (fast)“ gibt es in der zweiten Staffel. Die deutsche Serie aus dem Haus der BildTonFabrik in Köln lehnt sich an der Geschichte des deutschen Online-Handels Shiny Flakes an, in der ein Leipziger Jugendlicher aus dem Kinderzimmer heraus einen großen Marktplatz für Drogen gestartet hat. Die Serie ist eine Mischung aus gelungener Coming-of-age – Geschichte in Kombination mit interessanten Elementen, in denen im weitesten Sinne Digitalkompetenzen vermittelt werden. Mir hat die zweite Staffel noch besser als die erste gefallen. Einziges Manko: Nach sechs Folgen ist bereits Schluss, man möchte sofort weiter schauen. Die dritte Staffel wird aber jetzt erst gedreht.

Hintergrund zum Shiny Flakes- Fall liefert diese Reportage auf Vice: Das Ende von Shiny Flakes – Aufstieg und Fall eines 20-jährigen Online-Dealers.

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Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@netzpolitik.org. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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