[bits] Kunden sind am mangelhaften Breitbandausbau Schuld

Hallo,

seit 2017 veröffentlicht die Bundesnetzagentur einen Jahresbericht ihrer Breitbandmessung. Und jedes Jahr ist das Ergebnis das gleiche: Demnach täuschen deutsche Netzbetreiber ihre Kunden systematisch und liefern oft nicht die beworbene Internetgeschwindigkeit, mit der sie werben.

Verantwortlich für den untragbaren Zustand fühlt sich allerdings niemand, in die Irre geführte Nutzer haben kaum Möglichkeiten, sich effektiv zu wehren. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, sieht angesichts der aktuellen Zahlen „nach wie vor Handlungsbedarf bei den Breitbandanbietern“.

Von netzpolitik.org kontaktierte Netzbetreiber reagieren geradezu empört auf solche Statistiken, sofern sie überhaupt reagieren. Einen Handlungsbedarf ihrerseits können sie nicht nachvollziehen. Schuld seien in aller Regel die Kunden, so der Tenor. An ihren Netzen liege es jedenfalls nicht.

Die Politik müsste handeln, tut es aber nicht. Tomas Rudl hat die Hintergründe recherchiert: Wenn der Hund die Hausaufgaben frisst. Wir bleiben pessimistisch, dass es auf lange Sicht keine Verbesserungen geben wird.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Netzbetreiber oder die Verantwortlichen in SPD und Union.

Neues bei netzpolitik.org

Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand die Coronakrise mit einer Blockchain-Lösung beenden will. Nun stellte ein Konsortium das Konzept für ein digitales Corona-Gesundheitszertifikat vor. Wer immun ist, soll so zurück ins normale Leben dürfen. Darüber berichtet Anna Biselli: Normalitätsversprechen via Blockchain.

Wissenswertes zum Coronavirus

Das Bundesverfassungsgericht urteilte heute, dass man gegen die Einschränkung von Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit grundsätzlich auch in einer Krise demonstrieren kann: Kein generelles Demonstrationsverbot.

Alle sprechen von Contact Tracing, also einer möglichst datensparsamen Technologie, die alle Menschen benachrichtigen kann, die mit einer coronakranken Person Kontakt hatten. Klar sind die politischen Forderungen: Um mit den Grundrechten vereinbar zu sein, muss die Privatsphäre geschützt werden und der Quellcode offen sein. Wie eine solche App allerdings technisch funktionieren kann, erklärt die Republik in acht Schritten am Beispiel der Schweizer Test-App „Next Step“ – grafisch unterstützt von Cartoons mit sprechenden Schlüsseln und Smartphones. Damit wollen sie auch Nicht-Technikern in einer Viertelstunde erklären, wie die Verschlüsselung funktioniert.

Einige Hintergründe zur österreichischen Corona-App liefert der Standard: Das türkis-grüne Netzwerk hinter Rotkreuz-App und Kampagne.

Erich Moechel berichtet bei FM4, dass die Tarnung von Propagandasendern autoritärer Staaten wie TRT und RussiaToday als internationale Nachrichtensender in Corona-Zeiten nicht mehr funktioniert: Corona entzaubert staatliche Pseudo-Nachrichtensender. Ich wusste das schon vorher, aber vielleicht merken es jetzt mehr.

Was sonst noch passierte:

Man könnte es als schlechtes Zeichen deuten, dass einem plötzlich Asymmetrien im Mauscursor auffallen, weil man dieser Tage noch mehr als sonst mit intensivem Starren aufs Display beschäftigt ist. Falls es noch nicht aufgefallen ist, herzlichen Glückwunsch zum heutigen Cannot-be-unseen-Moment. Wer wissen will, warum unser Klickwegweiser die Form hat, die er eben hat – die Antwort ist nur einen schiefen Klick entfernt. Zur Not einfach Augen schließen.

Einen aktuellen Überblick zur Debatte um eine nationale Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie hat Volker Grassmuck auf dem virtuelen netzpolitischen Abend gegeben: Uploadfilter Reloaded – wo stehen wir, wie geht’s?

Microsoft will Umweltorganisationen dabei helfen, Ökosysteme besser zu verstehen und dafür kostenlos Daten veröffentlichen. Das können Daten über Fischströme, Waldbestände oder Wasserstände sein. Das klingt erstmal gut, wirft dann aber die Frage auf, wie das Umweltschutz-Engagement mit Microsofts Kooperation mit Ölkonzernen zusammenpasst.

Tesla will ab 2021 E-Autos im brandenburgischen Grünheide produzieren. Dagegen regt sich vor Ort Protest, vor allem von Umweltschützer:innen. Ihre Kritik richtet sich unter anderem gegen den hohen Wasserverbrauch der Giga-Factory, die in einem Wasserschutzgebiet entstehen soll. t3n berichtet unter Berufung auf die DPA, dass der Konzern nun seinen Genehmigungsantrag angepasst habe. SPD-Wirtschaftsminister Jörg Steinbach habe im Landtag berichtet, dass die Fabrik weniger Wasser benötigen soll. Der Protest geht unterdessen weiter.

Diese Entscheidung wird das Netz nachhaltig verändern: Amazon streicht die Provisionen seiner Partner:innen im Affiliate-Marketing zusammen. Wer künftig Werbelinks zu Amazon-Produkten setzt, erhält nur noch zwischen einem und drei Prozent des Kaufpreises, je nach Produktkategorie. Bislang lag die Marge bei bis zu acht Prozent. Für viele Influencer:innen und Blogger:innen, aber auch für große Medien wie Buzzfeed und die New York Times fällt eine extrem wichtige Umsatzquelle damit praktisch weg. Amazon scheint sich seiner marktbeherrschenden Stellung so sicher zu sein, dass es offenbar bereit wäre, auf die Bewerbung seiner Produkte durch Content Creator und Medien zu verzichten. Die Entscheidung gilt vorerst nur für die USA. Eine Presseanfrage von uns an Amazon, ob und wann sie auch in Deutschland umgesetzt wird, blieb bisher unbeantwortet.

Torsten Kleinz gibt in der c’t einen Überblick über aktuelle Trends im Werbemarkt: ​Personalisierte Fernsehwerbung. Wird alles super.

Audio des Tages: Strategien der Kulturbeeinflussung

Das Deutschlandradio-Feature untersucht Strategien der Kulturbeeinflussung: „Von rechter Fiktion zu echtem Terror“.

Video des Tages: Perry Rhodan

Als Kind habe ich viele Perry Rhodan – Bücher gelesen. Die Reihe dominierte viele Jahrzehnte lang als Groschenheft (und dann neu aufgelegt als „Siberrücken“-Bücher) die deutsche Science-Fiction-Welt mit Weltraum-Sagen. Eine Dokumentation geht dem Phänomen nach.

Wer sich nach Normalität und der Schönheit des Alltags sehnt, wird in der RBB-Reportage „Bilderbuch – Kreuzberg“ fündig. Darin zeigt sich auch für Nicht-Berliner, dass Kreuzberg viel schöner und vielfältiger ist, als das allgemeine Image außerhalb Berlins darstellt.

Alle Clubs und Bars sind geschlossen. Seit über einem Monat sendet deshalb das „United we Stream“-Kollektiv jeden Abend aus einem anderen Club DJ-Sets und Künstler:innen mit Unterstützung von Arte. Gestern war das Mensch Meier dran, wo wir die vergangenen drei Netzpolitik-Parties gefeiert haben. Den Anfang machten Marusha (warum auch immer, aber sie lebt noch) und die Punk-Band Pisse. Wenn man zwei Stunden vorspult, gibt es drei Stunden lang fette Sets und Auftritte von Punani, Pilocka Krach und Kalipo. Jetzt auch zum Nachschauen oder -hören.

Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@np. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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