[bits] Rassisten müssen leider draußen bleiben

Hallo,

kein guter Wochenstart für weiße Nationalisten, Rassisten sowie Donald Trump und seine Fans in sozialen Netzwerken. Nachdem Facebook nun auch Hass-Postings des US-Präsidenten mit Warnhinweisen versehen will, hat die Videostreaming-Plattform Twitch Donald Trump vorübergehend den Account abgedreht und auch Inhalte entfernt. Begründet wurde die Maßnahme mit Hassrede. Das zum Amazon-Konzern gehörende Twitch ist damit die erste Plattform, die Trump wirklich bannt.

Bei Reddit hingegen ging es Trump-Fans an den Kragen. Die Plattform entfernte heute zahlreiche Sub-Reddits, darunter „The_Donald“. Diese hätten regelmäßig diskriminierende „regelbrechende Inhalte“ gehostet. Reddit änderte im Zuge der Ankündigung auch seine Richtlinien für Nutzer:innen: Communities und einzelne Nutzer:innen, die Hass auf Grundlage von Identität verbreiten, können von nun an gelöscht werden.

Youtube schmeißt derweil den amerikanischen Neo-Nazi Richard Spencer und den kanadischen Rechtsradikalen Stefan Molyneux sowie weitere rassistische Kanäle von der Videoplattform. Molyneux alleine hatte mehr als 900.000 Abonnenten.

Das ist erst mal ein gutes Zeichen, denn endlich werden Hasspredigern Grenzen gesetzt. Aber leider entscheiden die marktdominanten Plattformen auf Basis ihrer eigenen Regelwerke. Und das ist ein Problem, denn die Plattformen haben damit zu viel Macht über die neuen Öffentlichkeiten und es gibt keinen Rechtsweg. Das zeigt einmal mehr, dass die Politik es versäumt hat, klare Regeln für alle aufzustellen.

Markus Reuter hat den Überblick: Großes Hass-Domino in sozialen Netzwerken.

Eine spannende Fragestellung behandelt das kurze Paper „Epidemie und Modellierung – Das Mathematische ist politisch„, wo der WZB-Forscher Florian Eyert anhand der Corona-Rechenmodelle beschreibt, wie mit sozialwissenschaftlichen Methoden Politik gemacht werden kann – und was das bedeutet.

Neues auf netzpolitik.org:

TikTok, WeChat & Co. können in Indien nicht mehr genutzt werden, sondern werden jetzt staatlich zensiert. Die Hintergründe dazu hat Tomas Rudl zusammengetragen: Indien blockiert zahlreiche chinesische Apps

Beliebte Apps wie TikTok und WeChat dürfen in Indien nicht mehr genutzt werden. Das Verbot folgt auf die jüngste Gewalteskalation an der indisch-chinesischen Grenze. Viele vermuten einen politischen Hintergrund.

Keine einzige Anklage gab es nach der Polizeigewalt beim G20-Gipfel – eine Bankrotterklärung der Rechtsstaatlichkeit, kommentiert Markus Reuter.

Kein einziger Polizist wurde wegen Polizeigewalt beim G20-Gipfel in Hamburg angeklagt. Die Straflosigkeit ist eine Bankrotterklärung des vielbeschworenen Rechtsstaats und ein Freibrief für Täter:innen in Uniform. Ein Kommentar.

Contact-Tracing-Apps sind mehr als nur die Smartphone-Anwendungen. Warum deshalb eine Datenschutzfolgeabschätzung nötig ist, haben unsere Gastautor:innen Kirsten Bock, Christian Ricardo Kühne, Rainer Mühlhoff, Měto Ost, Jörg Pohle und Rainer Rehak beschrieben: Kritik an Datenschutzfolgenabschätzung für die Corona-Warn-App

Es gibt sie nun, die lang erwartete App zur Kontaktverfolgung. Was ihr fehlt, ist eine hinreichende Datenschutzfolgenabschätzung. Dazu müssen nicht nur die App selbst, sondern auch dazugehörige Serversysteme, Anwendungen und Infrastrukturen betrachtet werden. Der Gastbeitrag erklärt, warum und wie das idealerweise geschehen kann. Quelloffenheit der Technik allein reicht längst nicht.

Was sonst noch passierte

Vor kurzem ging auf Twitter ein Bild rum, das zeigte, dass die Tagesschau bereits 1997 über rechtsextreme Tendenzen in der Bundeswehr berichtet hatte. Und die Bundesregierung versprach, diese Einzelfälle aufzulösen. Diese alten Tagesschau-Verweise erinnern immer schön daran, dass viele Debatten nie enden. Und auch die Einzelfälle von plötzlich gefundenen Rechtsextremen in der Bundeswehr werden nicht weniger – derzeit gibt es immer nur einen pro Tag zu vermelden. Gestern war es dann ein Reservist, der die Privatadressen und Telefonnummern von 16 Spitzenpolitiker:innen von SPD, Linke und Grüne auf seinem Handy hatte – und von Till Schweiger.

Nun ist Till Schweiger sicher nicht berühmt dafür, sich mit Linken, Grünen und Sozen gegen rechts einzureihen, daher war es wohl eher als Gossip-Beilage dabei. Die Liste erinnert aber an die sogenannten Todeslisten mit Privatadressen von Politiker:innen, Journalist:innen und vielen anderen, die sich gegen Rechtsextremismus und für eine offene Gesellschaft einsetzen. Der Verfassungsschutz ist natürlich mal wieder alarmiert: Geheimdienst findet Politikerliste bei rechtsextremem Reservisten.

Das ist übrigens nicht derselbe Reservist, der wegen rechtsextremer Hetzvideos in diesem anderen Spiegel-Artikel von heute vorkommt: Bundeswehr verhängt Dienstverbot für Reservisten .

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Der Verfassungsschutz hat den paramilitärischen Verein Uniter zum Verdachtsfall erklärt. Das berichtet die Taz, die seit langem mit ihren Recherchen die Arbeit von Uniter dokumentiert: Jetzt offiziell Verdachtsfall. Auch das ist wieder ein Beispiel, wie investigativer Journalismus offensichtlich eine bessere Arbeit machen kann als der Verfassungsschutz.

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Die meisten Richter:innen am Berliner Kammergericht leiden immer noch darunter, dass die veralterte IT-Infrastruktur ihres Gerichtes vor Monaten von der Emotet-Malware zerstört hinterlassen wurde. Das liegt auch daran, dass das Berliner IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) nicht in der Lage ist, ausreichend VPN-Zugänge für Berliner Behörden zur Verfügung zu stellen, damit man aus dem Home-Office heraus auch auf Daten zugreifen kann: Wie ein Computervirus das Berliner Kammergericht seit Monaten im Griff hat.

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In seinem letzten längeren Video „Zerstörung der Presse“ warf Rezo der Berliner Zeitung in einer Auswertung fehlerhafte Berichterstattung vor. Die Berliner Zeitung fühlte sich etwas gekränkt, weil die Redaktion der Meinung war, in viel mehr Artikeln ohne Fehler über ihn geschrieben zu haben. Letztendlich war das dann aber auch ein Missverständnis, wie Rezo in dem Reaction-Video „Die dümmsten und lustigsten Reaktionen“ erklärte, denn er hatte die offen zugänglichen Quellen der Berliner Zeitung analysiert.
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Und die Redaktion kann in ihrem Content-Management-System offenbar noch viel mehr Artikel lesen, die man aber nicht von außen sehen kann. Oder auch nicht, denn durch einen Umbau der Zeitung und ihrer digitalen Infrastruktur sind einfach viele Links nicht klickbar. Aber dafür gibt es jetzt ein längeres Streitgespräch zwischen dem Medienjournalisten Kai-Hinrich Renner und Rezo zu lesen: „Was soll daran fragwürdig gewesen sein?“

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Der Deutschlandfunk thematisiert das Berliner Nachtleben in Zeiten der Corona-Beschränkungen. Viele Clubs wissen gerade nicht einmal, ob sie noch eine Perspektive haben und müssen ohne diese weiter improvisieren und überleben: Berliner Clubs bangen ums Überleben.

Video des Tages: Sozialminister Assange

In der ARD-Mediathek gibt es eine Dokumentation über „Regieren am Limit„, das die Arbeit von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil portraitiert. Das gibt gute Einblicke in die Arbeit der Bundesregierung am Beispiel eines Ministers.

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Die französische Arte-Dokumentation „Großbritannien: Global Assange“ beleuchtet die Situation von Julian Assange, der immer noch in Grossbritannien gegen seine geplante Auslieferung an die USA kämpft.

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Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@np. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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