Hallo,
die Diskussion um ein Digitale-Dienste-Gesetz (der Digital Service Act) nimmt auf EU-Ebene immer mehr Fahrt auf. Damit sollen die Spielregeln im digitalen Netz neu gestaltet werden. Wir haben in einem Grundlagenartikel die Debatte um „Das Plattformgrundgesetz“ bereits ausführlich beschrieben.
Teil davon sollen auch verbindliche Regeln sein, wie Plattformen mit unerwünschten oder illegalen Inhalten umgehen – und mit Beschwerden von Nutzer:innen, deren Inhalte womöglich ungerechtfertigterweise von einer Plattform verschwunden sind. Die grüne Fraktion im EU-Parlament (Greens/EFA) hat dazu jetzt eine interessante Plattform gestartet. Auf der Kampagnenseite „My content, my rights“ kann die interessierte europäische Zivilgesellschaft jetzt in einem Crowdsourcing-Verfahren mitwirken und dabei helfen, Vorschläge für grundrechtskompatible Regeln für Plattformen zu erstellen. Die sollen dann in den Gesetzgebungsprozess eingebracht werden.
Der Entwurf eines möglichen Gesetzestextes steht bereits online und lässt sich im Detail kommentieren, kritisieren und verbessern. In Stein gemeißelt ist noch nichts, zur Debatte steht jedoch ein differenziertes System. So sollen klare Beschwerdewege sicherstellen, dass Nutzer:innen fragwürdige Inhalte einfach melden können. Das vorgeschlagene „Notice & Action“-Verfahren soll aber nicht automatisch das Haftungsprivileg gefährden, was wohl nur zu Löschorgien führen würde.
Ein Teil der Kampagne ist auch ein öffentlicher Pranger, eine „wall of shame“. Dort können Nutzer:innen anhand von Beispielen zeigen, wie beliebig die Moderationsentscheidungen von Plattformen ausfallen können.
Tomas Rudl hat sich die Kampagne angeschaut und ordnet sie umfassender sein: Das Recht am eigenen Inhalt.
Neues auf netzpolitik.org
Über die Problematik von Datenabfragen bei Bundepsolizei und BKA berichtet Anna Biselli auf Basis der Antworten auf eine kleine Anfrage aus dem Bundestag: Unberechtigte Datenabfragen bei Bundespolizei und BKA.
Unberechtigte Datenabfragen kommen nicht nur bei Landespolizeibehörden vor. Auch bei Bundespolizei und BKA fragten Beamte in den letzten Jahren ohne dienstlichen Grund Informationen ab. Wie die Datenbankanfragen kontrolliert werden, ist uneinheitlich.
In unserem aktuellen Netzpolitik-Podcast Folge 212 „Off The Record“ berichten unsere aktuellen Praktikantinnen über ihre Arbeit und Erfahrungen bei uns: Die Prakti-Special-Edition 2020.
Wir sprechen in dieser Folge mit unseren Praktikantinnen Jana und Charlotte. Über ihre Recherchen aus den vergangenen Monaten, über Journalismus mit Haltung und darüber, was sie an netzpolitik.org irritiert.
Kurze Pausenmusik:
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Die Erstellung dieser Ausgabe wurde freundlicherweise von Tomas Rudl unterstützt.
Was sonst noch passierte:
Morgen urteilt der Europäische Gerichtshof das dritte Mal nach 2014 und 2016 über die Vorratsdatenspeicherung. Aktuell geht es um die Umsetzungen in Belgien, Frankreich und Großbritannien. Wir werden morgen bewerten können, wie der aktuelle Stand ist. Währenddessen treibt die deutsche Ratspräsidentschaft selbstverständlich Pläne weiter, eine Vorratsdatenspeicherung irgendwie doch noch auf EU-Ebene durchsetzen zu können, wie Heise-Online mit Bezug auf durch Statewatch geleakte Dokumente berichtet: Deutsche EU-Ratspräsidentschaft treibt Vorratsdatenspeicherung voran.
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Die tägliche Rubrik der Einzelfälle: Selbstverständlich hat NRW wieder einige (heute nur 29) rechtsextreme Verdachtsfälle in Polizeibehörden entdeckt. Aber keine Panik, erklärt Innenminister Reul in einer neuen Kommunikationsstrategie, denn: „Nicht jeden, der in einem rechtsextremistischen Chat ist, kann man als rechtsextrem bezeichnen.“ Die anderen Polizisten sind einfach nur zum Spaß oder rein zufällig in einem rechtsextremen Chat gelandet und kommen nicht mehr raus?
Dazu passt auch diese Meldung aus der Süddeutschen Zeitung: Dutzende Verdachtsfälle bei der Bundespolizei.
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Ich bin in meiner beruflichen Karriere mal kurz über eine Brieffreundschaft mit dem Generalbundesanwalt in Kontakt gekommen, der danach in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Für viele Menschen wirkt die Behörde aber häufig wie eine kleine Blackbox. Der ARD-Podcast „Die Justizreporter:innen“ erklärt die Arbeitsweise und Hintergründe der Arbeit mit dem Justizreporter Bernd Wolf und dem ARD-Terrorismusexperten Holger Schmidt: 70 Jahre GBA – Wie arbeiten Deutschlands höchste Staatsanwälte?
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Ab und an klingelte mein Telefon und Otfried Nassauer war dran, um mir weitere Hintergründe für Artikel zu geben, die wir veröffentlicht hatten. Nun wurde bekannt, dass der Journalist und Leiter des Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (zufällig auch BITS) kürzlich leider verstorben ist. Bei der Taz gibt es einen Nachruf, ebenso im AugenGeradeaus-Blog von Thomas Wiegold: Otfried Nassauer wird fehlen – Erst die Fakten, dann die Meinung.
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Zeit-Online erklärt anhand der Kulturgeschichte von Games, warum sich lange das Klischee hielt, dass Computerspiele nur was für Männer seien: Männer zocken auf dem Mars, Frauen auf der Venus?
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Es gibt ja einige Dinge, die man für selbstverständlich hält. Und irgendwann stellt man fest: Wir haben einfach Glück. Fenster scheinen so ein Ding zu sein. Die gibt es überall, aber nicht überall kann man sie öffnen und auf Kipp setzen. Deshalb gibt es jetzt immer mehr Beiträge in Medien aus anderen Staaten, die über das Phänomen des deutschen Stoßlüftens berichten, wie die FAZ erzählt: Varying degrees of Lüften.
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Christian Stöcker schreibt bei Spiegel-Online über exponentielles Covid-Wachstum: Die Zukunft kommt schneller, als Sie denken. Er meint damit, dass man das nicht nur bei Corona bedenken sollte, sondern auch bei anderen Fragen wie der Klimakrise.
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Corona-Leugner:innen kritisieren häufig die PCR-Tests zur Erkennung einer Infektion als ungenau und fehlerhaft. Für das Volksverpetzer-Blog hat sich Philip Kreißel mit den Fakten und Argumenten auseinandergesetzt: PCR-Tests sind sehr genau.
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Zeynep Tufekci fasst bei The Atlantic den aktuellen Stand der Forschung zu Superspreadern zusammen und plädiert dafür, nicht die Variable R (die Reproduktionszahl) in den Vordergrund zu stellen, sondern andere Parameter. Denn Corona verbreitet sich offenbar nicht wie ein Grippe-Virus von einer zur anderen Person, sondern es scheinen die noch nicht ausreichend erforschten Superspreader zu sein, die sehr viele anstecken, während die meisten Infizierten eben niemanden anstecken: This Overlooked Variable Is the Key to the Pandemic. It’s not R.
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Ein langes und lesenswertes Portrait über den „Berliner Zeitung“-Verleger Holger Friedrich gibt es beim Spiegel (möglicherweise hinter der Paywall zu lesen). Ich fand das recht aufschlussreich und spannend, auch wegen der Einordnung seiner DDR-Geschichte und seiner Rolle als Außenseiter in der deutschen Medienwelt: Der Systemsprenger.
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Atomkatastrophen können möglicherweise trotz aller bekannten Nachteile auch kleine Vorteile mit sich bringen. Die Gegend rund um Tschernobyl ist ein gutes Anschauungsobjekt, um rauszufinden, wie sich dort die Natur nach einer solchen Katastrophe verändert, wenn die Menschen weiträumig weggezogen sind. Mehr dazu gibt es bei Wired zu lesen: The Chernobyl Disaster May Have Also Built a Paradise.
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Ein Twitter-Nutzer weist drauf hin, dass die Tweet-Frequenzen von Donald Trump ein schönes Symbol analog zu den Kanarienvögeln in Kohlenminen sind, um zu verstehen, dass irgendwas passiert ist. In den vergangenen Tagen hat der jüngst an Covid-19 erkrankte Donald Trump das erste Mal seit vielen Jahren fast gar nicht getwittert. Sonst kann man nicht viel zur Situation von Trump schreiben, weil unklar ist, welche Realität welche Informationen abbilden. Oder umgekehrt. Aber das Essay von Amy Wilentz im The Atlantic zur Verantwortung von Trump in der Corona-Pandemie fand ich lesenswert: Trump Thought He’d Never Get It.
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Kurzer-Service-Hinweis: Die Grippen-Impfung für diese Saison ist jetzt bei Ärzt:innen erhältlich und kostet nur etwas Zeit und einen Pieks. Hab ich heute erfolgreich getestet und jetzt zum Glück schon hinter mir.
Audio des Tages: Desinformation im US-Wahlkampf 1980
Tom Schimmeck geht in einem Deutschlandfunk-Feature die Frage nach, „Wie die Demokratie gehackt wird„.
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Und WDR5 erinnert an das Jahr 1980, wo es bereits neben dem bekannten Oktoberfestattentat viel Nazi-Gewalt gab: Erinnerungslücke 1980 – Das Terror-Jahr der Rechten.
Video des Tages: Janis Joplin
Aktuell erinnert der 50. Todestag an das Schaffen von Janis Joplin. Einmal gibt es was im Deutschlandfunk: „Alles, wonach ich suchte, war persönliche Freiheit“. Und bei Arte gibt es die Dokumentation „Janis – Little Girl Blue“ zu sehen.
Netzpolitik-Jobs
Ich bekomme regelmäßig Job-Angebote im netzpolitischen Bereich zugeschickt und dachte mir, dass eine zusätzliche Rubrik ein guter Service sein könnte. Zweimal die Woche werde ich zukünftig auf aktuelle Job-Angebote hinweisen.
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Die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg (Fraktion Die Linke) sucht eine:n wissenschaftliche:n Mitarbeiter:in für den Bereich Netzpolitik.
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Die Forschungsgruppe „Politik der Digitalisierung“ (POLDI) am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung sucht eine/n „Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in (m/w/d)“ für ihr GUARDINT-Projekt, das sich mit der demokratischen Kontrolle digitaler und transnationaler Nachrichtendienstüberwachung befasst.
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Investigate Europe ist eine transnationale Medienplattform für investigativen Journalismus mit Sitz in Berlin. Aktuell wird ein/e Community Engagement Coordinator/in gesucht. Das ist wohl zwischen Social Media-, Community-Management und Audience Development angesiedelt.
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Epicenter.works ist eine österreichische Organisation für digitale Bürgerrechte. Aktuell hat die Organisation mit Sitz in Wien eine „Policy Advisor (m/w/d)„-Stelle ausgeschrieben.
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Wikimedia Deutschland sucht eine/n „Referent für Bildung und Teilhabe in der digitalen Welt“ (m/w/d).
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Die Deutsche Welle sucht eine/n „Redakteur (w/m/d) für Digitalpolitik“ in Berlin.
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Die Free Software Foundation Europe setzt sich für die Förderung von Freier Software (im Volksmund auch Open Source genannt) ein. Für ihr Team in Berlin, das drei Türen weiter neben unserem Büro auf derselben Etage sitzt, sucht die FSFE jetzt eine Büroassistenz.
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Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl
Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@netzpolitik.org. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.
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