[bits] Wo ist Q?

Hallo,

jetzt hat es auch QAnon erwischt. Zumindest auf Twitter wurden in den vergangenen Wochen rund 7.000 Accounts gelöscht, die in Verbindung mit der rechtsradikalen Verschwörungs-Ersatzreligion standen. Zu den weiteren Maßnahmen von Twitter gehören Löschfilter für bestimmte Hashtags und ein Verstecken von Inhalten in der Such-Funktion.

Damit folgt Twitter auch beim Thema QAnon dem aktuellen Trend, mit Deplatform-Strategien gegen koordinierte Hass-Gruppen vorzugehen und sie von der Plattform zu schmeißen. Das hat mehrere Gründe, einer davon ist das Image der Plattform selbst. Kampagnen wie #StopHateForProfit setzen Marken-Unternehmen unter Druck, Farbe zu bekennen, in welchem Umfeld sie Werbung schalten wollen. Außerdem ist US-Wahlkampf und man möchte zeigen, dass man aus früheren Wahlkämpfen gelernt hat und nicht die eigene Plattform als Steigbügelhalter für eine hasserfüllte Politik der Spaltung sieht.

Und es gibt weltweite Trends zur Regulierung der Plattformen und die wollen mit diesen Aktionen zeigen, dass Selbstregulierung doch funktioniere – was viele demokratietheoretische Fragestellungen aufwirft.

Deplatforming ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist es gut, wenn endlich auf Basis von nachvollziehbaren Kriterien gegen menschenverachtende Gruppen vorgegangen wird. Die hatten bisher Narrenfreiheit auf Twitter – und haben das leider in sehr vielen Fällen massiv ausgenutzt, um im Namen der Meinungsfreiheit koordiniert gegen Andersdenkende vorgehen, um deren Meinungsfreiheit mit dem Ziel zu beschneiden, sie aus dem öffentlichen Diskurs zu entfernen.

Andererseits zeigen Deplatforming-Strategien, dass wir die Macht und Kontrolle darüber, was in den neuen Öffentlichkeiten stattfindet und Teil des öffentlichen Diskurses ist, privaten Unternehmen überlassen, denen wir nicht vertrauen können und sollten. Und das ist ein großes Problem mit vielen ungelösten Fragen: Wie transparent sind die Regeln, welche Widerspruchsmöglichkeiten habe ich? Gibt es ein Recht auf Zugang zu einem marktdominanten sozialen Netzwerk?

Markus Reuter hat über die aktuellen Twitter-Maßnahmen geschrieben: Twitter dreht Pro-Trump-Verschwörungskult den Saft ab. Vice macht sich drüber lustig, dass der in der Verschwörungsideologie angesiedelte Gott-artige Alleswisser „Q“ davon nichts vorher mitbekommen hat: Twitter Just Deleted Thousands of QAnon Accounts.

Mehr Hintergründe zu QAnon bietet frontal_ , das YouTube-Format von Frontal 21, das in 18 Minuten erklärt, was sich hinter QAnon in Deutschland verbirgt: Wie gefährlich kann eine Verschwörungstheorie werden? Einen langen Hintergrundtext gibt es bei The Atlantic: The Prophecies of Q – American conspiracy theories are entering a dangerous new phase.

Währenddessen hat Facebook übrigens erstmals einen Eintrag von Donald Trump mit einem Warnhinweis versehen. Trump versucht gerade, das eher bei demokratischen Wähler:innen beliebte Instrument der Briefwahl mit dem Ziel einer Demobilisierung in der Öffentlichkeit schlechtzureden und die Integrität der Wahlen in Zweifel zu stellen. Facebook hat als Warnhinweis einen Link zur offiziellen Regierungsinternetseite USA.gov gesetzt, auf der über Briefwahlen aufgeklärt wird. Geht doch.

Neues auf netzpolitik.org:

Jana Ballweber schreibt über die Risiken eines möglichen Immunitätsausweises: Menschenrechtsorganisation warnt vor digitaler Identität.

In die Debatte um einen möglichen Immunitätsausweis bei überstandener Infektion mit dem Corona-Virus mischen sich immer mehr kritische Stimmen. Die Menschenrechtsorganisation Privacy International warnt in einem aktuellen Bericht vor den Risiken eines solchen Ansatzes. Besonders eine digitale Umsetzung sehen die Aktivist:innen kritisch.

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Neuigkeiten aus der skurrilen Welt des insolventen Dax-Unternehmens Wirecard: Der flüchtige Manager Jan Marsalek wollte sich offenbar Staatstrojaner beim italienischen Hacking-Team kaufen und fälschte dafür wohl eine Beauftragung des Staates Grenada: Wirecard-Manager ließ sich offenbar Spionagesoftware vorführen

Interessante Windungen und Wendungen im Wirecard-Skandal. Offenbar hatte der jetzt flüchtige Manager Jan Marsalek Interesse an Überwachungssoftware des umstrittenen italienischen Anbieters Hacking Team.

Was sonst noch passierte:

Die US-Grenzbehörden nutzen gerne Standortdaten von Mobiltelefonen. Ob das legal ist, ist umstritten, wie das Wallstreet Journal in einer kurzen Video-Reportage berichtet: How the U.S. Government Obtains and Uses Cellphone Location Data.

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Neben dem Ex-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich auch der Ex-Geheimdienstbeauftragte der Bundesregierung, Klaus-Dieter Fritsche, als Lobbyist beim Kanzleramt für Wirecard eingesetzt: Auch Ex-Geheimdienstbeauftragter Fritsche lobbyierte im Kanzleramt. Ich bin mal gespannt, ob mittlerweile bei allen Behörden Alarmglocken klingeln, wenn zu Guttenberg einen Termin für ein Unternehmen möchte. Mit Augustus Intelligence und Wirecard hat er aktuell zweimal ein glückliches Händchen bei der Kundensuche bewiesen.

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Das ARD-Hauptstadtstudio hat sich an einem Sommer-Interview mit AfD-Sprecher Jörg Meuthen versucht und ist wieder gescheitert. Das meint zumindest Sebastian Friedrich in einem Kommentar beim Medienmagazin Zapp: Sommerinterview mit Jörg Meuthen: So besser nicht.

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Die Plattformen ebay-Kleinanzeigen und mobile.de wurden für 9,2 Milliarden Euro an das norwegischen Unternehmen Adevinta verkauft.

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Die Welt hat sich angeschaut, wie die Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz plus Markus Söder in der internationalen Presse gesehen werden.

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Die New York Times berichtet über den südkoreanischen Versuch einer Quarantäne-App, die voller Sicherheitslücken ist: Major Security Flaws Found in South Korea Quarantine App

Video des Tages: John Oliver erklärt Verschwörungsideologien

Um wieder den Bogen zum Anfang zu spannen gibt es heute den Verweis auf die aktuelle Folge der Last Week Tonight with John Oliver mit dem Thema Verschwörungsideologien. Das sind 22 Minuten Spaß und Fassungslosigkeit zugleich.

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Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@netzpolitik.org. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.

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